Stellungnahmen des Nabu zur Amtsplanung von DB-Netze und StraßenNRW

Zur Planung der Betuwe-Linie und der B 8 neu in Elten

I. Die Betuwe-Linie

1992 wurden durch den Vertrag von Warnemünde zwischen den Verkehrsministern von Deutschland und den Niederlanden der Bau einer Güterverkehrsverbindung zwischen Rotterdam und Köln und der Streckenausbau für den Personenhochgeschwindigkeitsverkehr zwischen Amsterdam und Köln bzw. Frankfurt beschlossen. Dieser Bereich liegt im TEN-Korridor, d.h. Korridor für transeuropäische Netze, Rotterdam-Genua.

Nach einigen Planungsänderungen, und zwar u.a. unter Verzicht auf zwei vereinbarte entlastende Nebenstrecken als „Bypässe“ für den Güterverkehr, baute man in den Niederlanden die inzwischen fertiggestellte Güterverkehrsstrecke Rotterdam – Landesgrenze durch die Landschaft Betuwe, genannt Betuwelijn oder Betuwe-Linie. Jetzt plant man noch, zusätzlich auch den gesamten Schienengefahrgutverkehr nach Deutschland über die Betuwe-Linie abzuwickeln. Dieser Entwicklung sahen Bundes- und Landesregierungen in NRW tatenlos zu.

II. Die Pläne der DB

Die DB, die ihre Maßnahmen bis 2010 durchgeführt haben sollte, änderte mehrfach ihre Pläne. Insbesondere gab sie den Ausbau für höhere Geschwindigkeiten des Personenverkehrs auf und plante stattdessen einen Ausbau der bestehenden Strecke auf drei Gleise schon ab Landesgrenze bis Wesel. Wegen des Ausbaus müssen die Bahnübergänge beseitigt werden.

Von Oberhausen ausgehend wird die Planung in 12 einzelnen Planfeststellungsabschnitten (PFA) durchgeführt. Inzwischen liegen die ersten Planfeststellungsbeschlüsse vor.

Anders als beim Streckenausbau am Oberrhein, wo nach Eingreifen von Bezirksregierung, Landes- und Bundespolitikern erhebliche Nachbesserungen beim Lärmschutz, bei Ausweichtrassen und sogar einem Tunnel erfolgten, ist bei uns die gesamte Planung der DB davon geprägt, möglichst wenig zu investieren und insbesondere aus Kostengründen die Zahl der Querungsmöglichkeiten stark zu reduzieren. Überdies legte das Eisenbahnbundesamt fest, dass in mehreren Fällen, darunter auch in einem Fall in Elten ein Teil der Ersatzmaßnahmen für die Beseitigung von Bahnübergängen in gesonderten Verfahren von der Landesbehörde Straßen NRW durchgeführt werden müssten.

Auch bezüglich der eigenen Infrastruktur wird leider von der DB bei der Planung so knapp kalkuliert, dass häufige Störungen des Betriebsablaufs vorprogrammiert erscheinen.

Im Übrigen bestehen auch erhebliche Sicherheitsmängel, weil u.a. eine Konzentration des Gefahrgütertransportes von Deutschland in die Niederlande stattfindet. Bisher fehlt eine detaillierte Risikoanalyse wie in den Niederlanden, obwohl dort bei der Planung weitaus größere Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden sind. Dies gilt sowohl für die Betriebsabläufe als auch für das vorgesehene Notfallmanagement bei Bränden und Unfällen.

III. Die Situation in Emmerich

Mit 19 von 57 Bahnübergängen auf einer Streckenlänge von knapp 20 km Länge ist die Stadt Emmerich am härtesten betroffen, zumal die Stadt ohnehin schon auf jeweils knapp 20 km Länge von den vier Verkehrswegen Rhein, B8, A3 und bisheriger Bahnstrecke durchzogen wird.

Im Übrigen fehlt es gerade auch im Bereich des Emmericher Bahnhofs an der erforderlichen Planung eines Gleisausbaus.

– Auf den äußerst mangelhaften Zustand des Emmericher Bahnhofs und seines Umfeldes und den fehlenden Haltepunkt für den ICE (einziger Fernverkehrszug auf dieser Strecke) soll hier nicht eingegangen werden.

IV. Die Situation in Emmerich-Elten

Für den Planfeststellungsabschnitt (PFA) 3.5 Emmerich-Elten erfolgte 2014 die Offenlage. Damit war auch bereits eine Vorgabe für das Parallelverfahren von Straßen NRW zur Bahnübergangsbeseitigung am Ortseingang von Elten und zum Bau einer B8 neu gegeben. Da die DB an der bisherigen Trasse festhalten wollte, anstatt sie in einem größeren Bogen um den Eltenberg zu führen, plante Straßen NRW, die B 8 neu in den Hang des Eltenberges zu bauen. In beiden Verfahren haben die Naturschutzverbände (NABU u.a.), zahlreiche betroffene Bürger und die BI „Rettet den Eltenberg“ ablehnende Stellungnahmen abgegeben. Sie wollen im Wesentlichen durch eine Verschiebung der Eisenbahntrasse (optimierte Gleisbettvariante) erreichen, dass Bahntrasse und B 8 neu so im Bogen um den Eltenberg und die Ortslage Elten geführt werden, dass der Hang des Eltenberges nicht weiter angetastet wird und die Infrastruktur des Ortes möglichst wenig geschädigt wird. Das würde auch einer früheren Planung der Straßenbauverwaltung entsprechen.

Der in diesem Fall klageberechtigte Naturschutzbund (NABU) und die nicht klageberechtigte Bürgerinitiative arbeiten seit Jahren eng zusammen, um die Alternativplanung möglichst durch eine politische, notfalls aber auch durch Klagen in beiden Verfahren durchzusetzen. Auch die Stadt Emmerich will notfalls klagen.

Dazu ergeben sich die näheren Einzelheiten aus meinem Artikel „Betuwelinie-Planung gefährdet Mensch und Natur in Elten“ in der Verbands-Zeitschrift des NABU-Kreisverbandes Naturschutz im Kreis Kleve, Frühjahr/Sommer 2019, S.9f, den ich um den aktuellen Stand der Planung ergänzt habe.

Adalbert Niemers

02.04.2023

Hier ist der aktualisierte Artikel zur Betuwe-Linie aus NIKK 1-2019 :

Betuwelinie-Planung gefährdet Mensch und Natur in Elten


Die Eisenbahnstrecke von Oberhausen in die Niederlande schmiegt sich im Süden und Westen bogenförmig um den Eltenberg und die Ortschaft Elten. Sie wird dreimal von der B8 gekreuzt, die im Übrigen auch noch durch den Ortskern verläuft.

Dass das Orts- und Landschaftsbild und die Natur in Elten durch den Bau eines dritten Bahngleises, die Aufhebung aller Bahnübergänge und den dadurch notwendigen Bau von neuen Straßen und Lärmschutzwänden erheblich leiden würde, war abzusehen.

Die DB macht ernst.

Aber nach dem Erörterungstermin vom 20./21.11.18 bezüglich der Planung der Betuwe-Linie der DB für den Planfeststellungsabschnitt 3.5, Emmerich-Elten, steht fest:

Die DB hält an ihren Plänen fest, wonach die Bahngleise nicht verschoben werden sollen. Das hat zur Folge, dass Straßen NRW – in einem gesonderten Verfahren zur Beseitigung des Bahnübergangs am Ortseingang – eine B8 neu in den Hang des Eltenberges bauen will. Dies aber hätte zur Folge, dass der bewaldete Steilhang des Eltenberges im Südwesten, der Teil des geologischen Monumentes „Niederrheinische Pforte“ ist, weitgehend zerstört würde. Hier würde ein alter Stieleichen-Niederwald vernichtet, der zugleich als Schutzwald den Hang vor Erosion schützen soll.

Im Anschluss würde der Straßenverkehr erst recht in den Ortskern gelenkt. und große Teile der Infrastruktur der Ortschaft Elten in hohem Maße dauerhaft geschädigt werden.

Es sollen nämlich die Querungsmöglichkeiten bez. der Bahnstrecke stark eingeschränkt werden. Ausreichende Bahnseitenwege zur Verbindung der wenigen Querungsmöglichkeiten und zum raschen Erreichen der Bahngleise für Rettungskräfte würden fehlen. Auch gäbe es keinen durchgehenden Rettungsweg zwischen Wohnbebauung und Eisenbahnstrecke. Dabei werden die Gefahrstofftransporte von den Niederlanden nach Deutschland auf der Betuwe-Linie konzentriert.

Außerdem sollen die Tennis- und Fußballplätze durch eine Straße überbaut werden. Schließlich würde auch noch die Möglichkeit verbaut werden, einen ortskernnahen

Haltepunkt für die Bahnlinie zu errichten.

NABU und Bürgerinitiative wehren sich und notfalls wird geklagt.

Dem NABU geht es hier darum, sowohl Natur und Landschaft als auch die Lebensqualität in der Ortslage zu erhalten. Und dazu gehören neben der Sicherheit gerade die Vermeidung von Lärm, Erschütterungen und Abgasen, und zwar auch durch eine gute Anbindung an einen funktionierenden elektrisch betriebenen Verkehr, nämlich an die Eisenbahn. Dies ist für die Stadtentwicklung notwendig, und zwar auch, um die noch vorhandenen Freiräume zu Gunsten des Natur- und Landschaftsschutzes und der Erholung zu erhalten.

Nachdem sich in einer Unterschriftenaktion der Emmericher Baumfreunde und der Bürgerinitiative „Rettet den Eltenberg“ (BI) mehr als 5.000 Bürger (mehr als die Einwohnerzahl von Elten) gegen eine B8 neu im Hang des Eltenberges und für eine Verlegung der Bahntrasse ausgesprochen hatten, hat der NABU zusammen mit dem ehemaligen DB-Bauingenieur Johannes ten Brink den Plan entwickelt, die Bahntrasse um wenige Meter nach Südwesten bzw. Westen zu verschieben und eine B8 neu zum Ersatz mehrerer Querverbindungen auf das bisherige Gleisbett zu verlegen („optimierte Gleisbettvariante“). So könnten der Steilhang des Eltenberges gerettet und die oben beschriebenen Eingriffe in die Infrastruktur weitgehend vermieden werden.

Da die Gleise von den Wohnhäusern in der Ortslage etwas abrücken sollen, um einer durchgehenden Straße Platz zu machen, würde insbesondere auch ein besserer Schutz der Wohnbevölkerung bei Unfällen, Entgleisungen und Bränden erreicht werden, und zwar auch durch eine bessere Erreichbarkeit der Gleise für Feuerwehr und Rettungskräfte.

Die „optimierte Gleisbettvariante“ wurde in einem Gutachten des Sachverständigen Hensel, dass die BI in Auftrag gegeben hatte, als die sinnvolle Lösung für die oben beschriebenen Probleme gewertet, während der Plan der DB als nicht genehmigungsfähig bewertet wurde.

Daraufhin gelang es, auch den Emmericher Stadtrat dazu zu bewegen, sich für diese Lösung in den Planungsverfahren auszusprechen. Zuvor war die Stadt vom Verkehrsministerium unter Druck gesetzt worden, sich den Plänen der DB anzuschließen. Andernfalls müsse die Stadt ein Drittel der Kosten für die Bahnübergangsbeseitigung (ca. 40 Mill. EUR) zahlen.

Da die DB und Straßen NRW in ihren Verfahren an ihrer bisherigen Planung festhalten wollen, bereitet sich der NABU-Landesverband in beiden Verfahren darauf vor, notfalls vor den zuständigen Verwaltungsgerichten zu klagen. Sein Ziel ist es, ein einheitliches neues Planungsverfahren auf der Basis der optimierten Gleisbettvariante zu erreichen, das sowohl die Verlegung der Bahnstrecke als auch die damit in unlösbarem Zusammenhang stehenden Neutrassierung der B8 zur Aufhebung eines Bahnübergangs mit umfasst.

Die beiden bisherigen Planverfahren weisen nach Auffassung des NABU schon deshalb schwerwiegende Mängel auf, weil sie aufgrund der Teilung des Verfahrens eine Gesamtbewertung der zu lösenden Aufgabe gar nicht erlauben und weil sie im Ergebnis offensichtlich die beste, weil sachgerechteste Lösung unterdrücken.

Aufgrund der finanziellen Unterstützung durch die BI sieht sich der NABU-Landesverband auch finanziell für die Klagen gerüstet.

Der aktuelle Stand der Planverfahren

Im Planverfahren der DB, PFA 3.5, war noch ein Deckblattverfahren durchzuführen, dass u.a. den Neubau der Eisenbahnbrücken im Zuge des Viaduktes an der Wild und den Bahnhaltepunkt Elten umfasst. Dieses ist jetzt abgeschlossen. Für den Haltepunkt Elten hat die DB vergeblich versucht, die Stadt Emmerich dazu zu bewegen, einem Haltepunkt an der bisherigen Bahntrasse zuzustimmen, obwohl die günstigste Lösung ein ortskernnaher Haltepunkt an der optimierten Gleisbetttrasse wäre. Im Planverfahren von Straßen NRW hat inzwischen der Erörterungstermin stattgefunden. Aber eine Umplanung zugunsten der optimierten Gleisbettvariante wäre auch jetzt noch kürzer als eine durch Klagen erzwungene Neuplanung.

Adalbert Niemers 02.04.2023